Öffentlichkeitsarbeit

Physikerin des Monats - Juni 2025

Vivien Müller. (Foto: Isabelle Müller)

„Ich bin Vivien Müller und studiere aktuell im vierten Semester des B.Sc. Physik in Wuppertal. Seit meinem dritten Semester arbeite ich zusätzlich in der Arbeitsgruppe der experimentellen Teilchenphysik in der Softwareentwicklung. In meiner Freizeit mache ich gerne Sport, vor allem Klettern, Bouldern und Yoga, oder spiele Gitarre.“

Was war oder ist deine Motivation, Physik zu studieren?

„Schon im Kindergarten habe ich mit meinem Vater Dokumentationen zur Astronomie geschaut, hatte ein Plakat vom Sonnensystem in meinem Zimmer und habe mit Experimentierkästen gespielt. Die Faszination für Physik ist mir seitdem erhalten geblieben und ich wollte seit dem Beginn des Physikunterrichts in der Schule Physikerin werden. Daraufhin habe ich in der achten Klasse einen Physik-Technik-Differenzierungskurs belegt, in dem es insbesondere um Schaltkreise ging. Besonders spannend war der Bau einer Alarmanlage. Auch in meiner Freizeit habe ich mich gerne mit Physik beschäftigt und immer wieder an Veranstaltungen wie dem Bau eines 3D-Druckers oder eines Radios und Mathewettbewerben teilgenommen. In der Oberstufe gab es an meiner Schule leider keinen Physik-LK, sodass ich stattdessen Chemie gewählt habe.  Nach anfänglicher Ablehnung habe ich mich auch für dieses Fach sehr interessiert und bin dadurch von meinem Wunsch, Physik zu studieren, vorübergehend abgekommen. Im ersten Semester des Chemiestudiums habe ich aber schnell gemerkt, dass mir der mathematische Aspekt und die Präzision der Physik zu kurz kommen. Deswegen habe ich mich für einen Wechsel zur Physik entschieden. Das war eine sehr gute Entscheidung und ich bin sehr froh, damit jetzt das zu machen, was ich schon von klein auf machen wollte. Ich finde es einfach spannend, wie die Physik die Natur mathematisch beschreibt, und bin immer wieder überrascht :)“

Welches Modul hat dir in deinem Studium bisher am besten gefallen und warum?

„Mir gefallen bisher besonders die Theoriemodule. Auch wenn es in der Experimentalphysik spannende Experimente gibt, leuchtende Gewürzgurken zum Beispiel, fallen dort einige Dinge einfach vom Himmel. Dann heißt es Formeln auswendig lernen anstatt zu verstehen, wo sie herkommen. Erst nach den Herleitungen in den Theorievorlesungen versteht man sie wirklich. Mir gefällt besonders der größere Fokus auf die Mathematik, weil so erst die Zusammenhänge klar werden. In unserer Experimentalphysikvorlesung wurde beispielsweise das Biot-Savart-Gesetz zur Berechnung von Magnetfeldern stromdurchflossener Leiter einfach angeschrieben und angewendet. In der Theorievorlesung ist es erst das Ergebnis einiger Rechnungen und Überlegungen. In der theoretischen Mechanik hat mich insbesondere der Lagrange-Formalismus begeistert, weil er es ermöglicht, allein über Kenntnis der potentiellen und kinetischen Energie eines Systems Bewegungsgleichungen abzuleiten, auch wenn das Problem komplexer ist.

Neben der Theorie hat die Experimentalphysik aber natürlich auch ihre schönen Seiten. Zum Beispiel bin ich mit meiner Gruppe gerade dabei, für das Projektpraktikum die Reichweite eines selbst entworfenen und gebauten Trebuchets, also eines speziellen Katapults, zu optimieren.“

Woran arbeitest du gerade?

„Seit einem Angebot von Professor Wagner arbeite ich als studentische Hilfskraft in der experimentellen Teilchenphysik. Meine Aufgabe besteht darin, bei der Entwicklung einer Software für Qualitätstests von Pixelmodulen des ATLAS-Detektors am CERN mitzuarbeiten. Mit dem ATLAS-Detektor werden insbesondere Teilchen untersucht, die aus Protonenkollisionen im Beschleuniger entstehen. Die Pixeldetektoren im innersten Teil des Detektors sind wichtig, um geladene Teilchen zu detektieren und zu bestimmen, in welche Richtung sie sich bewegen. Um mit den laufenden Verbesserungen des Beschleunigers Schritt zu halten, wird ein Teil des Detektors, darunter auch die Pixelmodule, in Zukunft erneuert. Die Module, die dann zu Einsatz kommen, müssen vor ihrem Einbau umfangreiche Tests durchlaufen, um ihre Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Dafür wird unter anderem die Software genutzt, an der ich mitarbeite.“

Mit welchem Klischee möchtest du aufräumen?

„Wer in der Physik arbeitet, muss nicht unsportlich sein. Manche Sportarten passen sogar super zur Physik. Mein Eindruck ist, dass besonders Klettern und Bouldern in diesem Umfeld beliebt sind. Genau wie in der Physik geht es dabei oft darum, kreative Lösungen für Probleme zu finden. Ein Grundverständnis von Mechanik hilft natürlich auch, wenn es darum geht, die stabilste Position an der Wand oder die optimale Belastungsrichtung eines Griffes zu finden.

Außerdem ist Sport allgemein ein toller Ausgleich, wenn man den Rest des Tages damit verbringt, über physikalische Probleme nachzudenken.“

Was ist das „Nerdigste“, das du je gemacht hast?

„Was auf dem ersten Platz landet, kann ich nicht genau sagen. Vorne mit dabei ist, dass ich in der Schule zum Spaß Blindenschrift gelernt habe. Mein nächstes Projekt ist es, einen Dolch aus meiner Lieblingsserie im 3D-Drucker zu drucken und zu lackieren.“

Möchtest du sonst den Studierenden und Studieninteressierten noch etwas mitgeben?

„Wer sich für ein Physikstudium interessiert, sollte sich nicht von Sätzen wie ,Aber was willst du denn damit machen?‘ entmutigen lassen. Mit einem Physikstudium hat man sehr viele Möglichkeiten – von Forschung über Industrie bis zur Wirtschaft. Das Wichtigste ist, dass man sich für Physik interessiert und nicht vor Herausforderungen zurückschreckt.“

Vielen Dank für das Interview, Vivien!

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Am 1. Mittwoch eines Monats wird hier die neue ,,Physikerin des Monats'' vorgestellt.

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