Zwei ERC Consolidator Grants für die Physik an der BUW
ERC Consolidator Grant für die Wuppertaler Experimentalphysik
Prof. Dr. Emma Järvinen vor dem Forschungsflugzeug HALO (Bild: Järvinen/BUW)
Prof. Dr. Emma Järvinen wird für ihr Projekt CRYSTAL – Cloud Research for Yielding Sophisticated Treatment of Atmospheric Light-scattering in den kommenden fünf Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Im Zentrum des Projekts steht eine der großen offenen Fragen der Klimaforschung: der Einfluss von Eiswolken, insbesondere Zirren, auf das Erdklima. Diese Wolken bestehen aus mikroskopisch kleinen Eiskristallen, die einerseits Sonnenlicht reflektieren und damit kühlend wirken können, andererseits aber auch Wärmestrahlung zurückhalten und so zur Erwärmung beitragen. Welche Wirkung überwiegt, hängt entscheidend von der Mikro- und Nanostruktur der Eiskristalle ab.
Nano- und Mikrostrukturen von Eiskristallen als Schlüssel zur Klimamodellierung
Neueste Labor-, Flugzeug- und Satellitenmessungen zeigen, dass Oberflächenrauigkeiten und nanoskalige Strukturen der Eiskristalle die Lichtstreuung wesentlich beeinflussen. In Klimamodellen werden diese Effekte bislang jedoch kaum berücksichtigt. Genau hier setzt CRYSTAL an. Erstmals wird ein aus der technischen Optik bekanntes Verfahren zur Beschreibung von Oberflächenrauigkeit systematisch auf atmosphärische Eiskristalle übertragen. Järvinen kombiniert dabei 3D-Nanodruck zur künstlichen Reproduktion realistischer Eisoberflächen mit Laborexperimenten zur Charakterisierung der Lichtstreuung sowie mit Messungen eines neu entwickelten Polarimeters an Bord von Forschungsflugzeugen, das direkt in Eiswolken eingesetzt wird. Auf diese Weise entsteht eine einzigartige Kette aus Labor-, Feld- und Modellvalidierung, die physikalisch realistische optische Modelle von Eiswolken ermöglicht.
Von der Grundlagenforschung zur Anwendung in Erdbeobachtungsmissionen
„Dies ist das erste Mal, dass wir reale Eispartikeloberflächen mithilfe von 3D-Nanodruck replizieren und diese systematisch mit In-situ-Messungen kombinieren“, erläutert Emma Järvinen. Ziel des Projekts ist es, innerhalb von fünf Jahren die optischen Eigenschaften von Eiskristallen so zuverlässig zu bestimmen, dass sie direkt in Klimamodelle und die Auswertung von Satellitendaten integriert werden können. Die Ergebnisse sind von zentraler Bedeutung für kommende Erdbeobachtungsmissionen wie NASA PACE und EUMETSAT Metop-SG und versprechen deutlich verlässlichere Klimaprognosen. Damit leisten sie eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungsprozesse und langfristige Anpassungsstrategien im Umgang mit dem Klimawandel.
ERC Consolidator Grant für theoretische Spitzenforschung in der Teilchenphysik
Einen weiteren ERC Consolidator Grant erhält Dr. Jacob Finkenrath für sein Projekt LEEX – Lattice QCD simulations at the dawn of European Exascale computing. LEEX widmet sich der starken Wechselwirkung, einer der vier fundamentalen Naturkräfte, die für die Bindung von Quarks und Gluonen in Hadronen verantwortlich ist. Da diese Theorie im stark gekoppelten Regime analytisch nicht lösbar ist, wird sie mithilfe der Gitter-Quantenchromodynamik numerisch auf Hochleistungsrechnern simuliert.
Neue Methoden für die Exascale-Ära der Hochleistungsrechner
Moderne Gitter-QCD-Simulationen stoßen jedoch zunehmend an grundlegende Grenzen. Dazu zählt insbesondere das sogenannte topologische Einfrieren, das unabhängige Stichproben verhindert, ebenso wie ein exponentielles Signal-zu-Rauschen-Problem, das präzise Messungen erheblich erschwert. LEEX entwickelt hierfür neuartige Methoden, die gezielt auf kommende Exascale-Supercomputer wie JUPITER am Forschungszentrum Jülich zugeschnitten sind. Dazu gehören Verfahren der Gebietszerlegung, Multi-Level-Sampling zur effektiven Rauschreduktion sowie KI-basierte Markov-Chain-Monte-Carlo-Ansätze, die auf generativen Modellen und eichinvarianten Normalizing Flows beruhen.
Präzisionsvorhersagen für fundamentale physikalische Observablen
Ziel des Projekts sind hochpräzise theoretische Vorhersagen, unter anderem für hadronische Beiträge zu Präzisionsobservablen, wie für die theoretische Berechnung des magnetische Moment des Muons (g-2) erforderlich, sowie für ein vertieftes Verständnis der inneren Struktur von Hadronen. Ergänzend entsteht neue Software, die die extreme Parallelität zukünftiger Hochleistungsrechner optimal ausnutzt und damit die Grundlage für eine neue Generation numerischer Simulationen in der Teilchenphysik legt.
Ansprechpersonen
Prof. Dr. Emma Järvinen
Experimentalphysik mit Schwerpunkt globale Atmosphärenforschung
+49 202 439-2605
jaervinen[at]uni-wuppertal.de
Dr. Jacob Finkenrath
Leiter des ERC Forschungsprojekts LEEX
+49 202 439-2628
finkenrath[at]uni-wuppertal.de